Brennstoffzellentechnik im Omnibusverkehr



Brennstoffzellen-Citaro

von Manuel Bosch

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Die EvoBus GmbH, Tochtergesellschaft für die europäischen Omnibusaktivitäten der DaimlerChrysler AG, stellte Ende 2001 in Vancouver (Kanada) den ersten seriennahen Linienomnibus mir Brennstoffzellenantrieb vor. Bis Ende 2003 sollen 30 Fahrzeuge an zehn Verkehrsunternehmen in Europa geliefert werden, die diese zwei Jahre lang unter den jeweils spezifischen klimatischen Bedingungen im regulären Linienverkehr einsetzen werden und somit wichtige Erkenntnisse für die Weiterentwicklung dieser zukunftsweisenden Antriebstechnologie liefern. Folgende zehn Städte beteiligen sich an dem "European Fuel Cell Bus Project": Amsterdam (Niederlande), Barcelona (Spanien), Madrid (Spanien), Hamburg (Deutschland), London (Großbritannien), Luxemburg, Porto (Portugal), Stockholm (Schweden), Stuttgart (Deutschland) sowie Reykjavik (Island). Die Verkehrsbetriebe der teilnehmenden Städte erhalten jeweils drei Brennstoffzellen-Busse. Der Preis für ein Fahrzeug beträgt 1,25 Millionen Euro, darin eingeschlossen ist eine vollständige technische Betreuung und Wartung der Omnibusse vor Ort durch die EvoBus GmbH während des gesamten, zweijährigen Versuchszeitraumes. Weitere Kosten entstehen durch die notwendige Errichtung der Wasserstoff-Tankstellen, die allerdings teilweise von den Brennstofflieferanten selbst betrieben werden sollen.

Als Basis für die Kleinserie brennstoffzellengetriebener Omnibusse dient der Linienbus "Citaro", den die Tochtergesellschaft Mercedes-Benz Omnibusse der EvoBus GmbH seit 1997 in der regulären Version mit Dieselantrieb auf dem Markt anbietet. Auffälligster optischer Unterschied der Brennstoffzellen-Busse zu ihrem dieselbetriebenen Ausgangstyp ist der Dachaufbau, der - neben der optional erhältlichen Klimaanlage - die Brennstoffzelleneinheit sowie die Gasspeicher für den Wasserstoff enthält. Durch die Unterbringung der weiteren Antriebskomponenten im Heckbereich ist eine durchgehende Niederflurigkeit gewährleistet. Für den Fahrgastwechsel stehen drei Doppeltüren zur Verfügung, die Fahrgastkapazität soll bei bis zu 70 Fahrgästen liegen.

In Zusammenarbeit mit der DaimlerChrysler-Tochtergesellschaft XcellSiS wurde eine Brennstoffzelleneinheit entwickelt, die unter Berücksichtigung der neuesten Entwicklungen auf einen Einsatz im Öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) ausgerichtet ist. Die Brennstoffzelle und die Gasflaschen, die den zum Betrieb der Zelle benötigten komprimierten Wasserstoff aufnehmen, befinden sich bei dem Omnibus von Mercedes-Benz auf dem Fahrzeugdach. Elektromotor, Getriebe, Gelenkwelle und mechanische Hinterachse sind im Heckbereich des Citaro eingebaut, so dass neben einer fahrgastfreundlichen durchgehenden Niederflurigkeit auch eine optimale Wartungszugänglichkeit gewährleistet ist. Die Antriebsleistung wird über die Brennstoffzelle und den Zentralmotor bereitgestellt und ermöglicht einen mit heutigen Dieselmotoren vergleichbaren Vortrieb. Es können Höchstgeschwindigkeiten von bis zu 80 km/h erreicht werden.

Durch die elektrochemische Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff entstehen in der Brennstoffzelle elektrische Energie, Wasser und Wärme. Dabei werden keine Schadstoffe freigesetzt, außerdem ist der Reaktionsvorgang grundsätzlich geräuscharm. Die Brennstoffzelle verfügt über einen sehr hohen Wirkungsgrad und ermöglicht eine Reduzierung der bewegten und dadurch verschleißanfälligen Teile im Antriebsbereich. Eine ausführlichere technische Erläuterung des Arbeitsprinzips einer Brennstoffzelle befindet sich am Ende dieses Berichts.

Bei den heutigen, weitgehend optimierten Dieselmotoren wird der größte Teil der zugeführten Energie in Wärme umgewandelt, so dass lediglich 19 bis 24 Prozent der ursprünglich eingesetzten Energie zum Vortrieb an die Achsen gelangt. Die Brennstoffzellentechnologie hingegen weist bereits in der Konzeption günstigere Voraussetzungen auf, da ihr physikalisch nicht die engen Grenzen des sog. Carnot-Wirkungsgrades gesetzt sind. Der Carnot-Faktor kennzeichnet den Gesamtprozess der Energieumwandlung sämtlicher thermomechanischer Energiekonventoren und ergibt sich dadurch, dass die Eintrittstemperatur des Arbeitsmediums höher ist als die Austrittstemperatur; dieser Faktor entfällt bei der Brennstoffzelle. Somit wird schon jetzt auf das gesamte Brennstoffzellenfahrzeug bezogen ein Wirkungsgrad erreicht, der signifikant über dem von Dieselmotoren liegt. Durch weitere Optimierungen bei der Umwandlung der eingesetzten Energieträger, der Elektromotorenentwicklung und Fortschritten in der Brennstoffzellentechnologie sind weitere Steigerungen zu erwarten.

In den Gastanks auf dem Fahrzeugdach kann eine Wasserstoffmenge von rund 25 Kilogramm gespeichert werden, die dem Omnibus eine Reichweite von 200 bis 300 Kilometern in Abhängigkeit von Belastung und Topographie ermöglicht. Mit der Brennstoffzelle und Wasserstoff als Treibstoff ist ein absolut emissionsfreies und geräuscharmes Fahren möglich. Das im Citaro verwendete Brennstoffzellensystem wird über eine Leistung von mehr als 250 Kilowatt verfügen. Die Brennstoffzellen zeichnen sich durch eine verbesserte Zuverlässigkeit und Wartungsfreundlichkeit gegenüber ihren Vorgängern aus. Wasserstoff wird heute überwiegend auf der Basis von Erdgas erzeugt. Erdgas lässt sich umweltfreundlicher verarbeiten als das für Dieselmotoren als Grundtreibstoff dienende Erdöl, außerdem ist es heutigen Erkenntnissen zufolge länger verfügbar. Langfristig ermöglicht der Wasserstoff durch eine auf regenerativen Energieträgern beruhende Infrastruktur eine Abkehr von Erdöl und Erdgas. Dazu müssen jedoch noch Entwicklungsarbeiten insbesondere bei den Wasserstoff-Tankstellen geleistet werden.

Die Gesamtemissionsbilanz zeigt einen überragenden Vorteil des Brennstoffzellenantriebs: die Stickoxid (NOx)-Emissionen liegen bei aus Erdgas gewonnenem Wasserstoff unterhalb von 50 Gramm, bei aus Wasserkraft erzeugtem Wasserstoff sogar nur bei rund 12 Gramm pro 100 Bus-Kilometern. Im Vergleich dazu setzt ein Dieselantrieb nach der derzeit gültigen Euro 3-Norm 680 Gramm NOx pro 100 Bus-Kilometern frei. Auch die Freisetzung von Kohlendioxid liegt wesentlich unter der von Dieselmotoren. Bei einer Verwendung von Wasserstoff aus regenerativer Herstellung wird kein CO2 freigesetzt, da im Fahrbetrieb eines Brennstoffzellenfahrzeugs keinerlei CO2-Emissionen entstehen.

Die zehn teilnehmenden Städte erhalten von der Europäischen Kommission eine Förderung von insgesamt 18,5 Millionen Euro. In ihrem Aktionsplan für alternative Kraftstoffe hat die Kommission die Förderung von Wasserstoff als Energiequelle angekündigt, der Aktionsplan ist im Internet unter www.europa.eu.int/comm/energy/en/fa_3_en.html verfügbar.

Den erheblichsten Kostenfaktor beim Brennstoffzellen-Omnibus stellt die Brennstoffzelle selbst dar. Signifikante Zusatzkosten entstehen auch durch den Elektroantrieb, die Wasserstoffspeicher und zusätzliche elektronische Ausstattungen, doch bis auf den Wasserstoffspeicher können diese Zusatzkosten in der Serienproduktion weiter gesenkt werden. Entscheidender Faktor bleibt damit die weitere Entwicklung der Brennstoffzellen, die letztendlich zu einer möglichst effizienten Serienfertigung führen muss.

 

 Vorgänger: Der NEBUS

NEBUS

Im Jahre 1997 stellte die damalige Daimler-Benz AG den New Electric Bus (NEBUS) vor. Das auf einem Niederflurbus des Typs O 405 N2 aufgebaute Fahrzeug wird mit einer Brennstoffzelleneinheit angetrieben, die jedoch damals noch im Heckbereich des Wagens angeordnet wurde. Als Treibstoff dient wie bei den jetzt entwickelten Brennstoffzellen-Citaros in Dachtanks gespeicherter Wasserstoff. Das umfangreiche Testprogramm lieferte wertvolle Erfahrungen für die Weiterentwicklung dieser innovativen Antriebstechnologie. Die Ergebnisse konnten unmittelbar in die Entwicklung der im nächsten Jahr zur Auslieferung gelangenden Citaros eingebracht werden. Die Einsatztauglichkeit des NEBUS im Fahrgastbetrieb konnte u. a. bei Einsätzen in Hamburg und Oslo nachgewiesen werden.

NEBUS

 

Technik: Funktionsprinzip einer Brennstoffzelle

FunktionsprinzipDie konventionelle Umwandlung der chemischen Energie eines Brennstoffs in elektrische Energie erfolgt durch Wärmekraftmaschinen, bei denen zunächst Wärme produziert wird, diese in mechanische und letztlich dann elektrische Energie umgewandelt wird. Durch diese indirekte Energieumwandlung entstehen nicht zu vernachlässigende Energieverluste. Im Gegensatz dazu wandelt die Brennstoffzelle die chemische Energie unmittelbar in elektrische Energie und erreicht durch die Vermeidung von Umwandlungsverlusten einen erheblich höheren Wirkungsgrad. Konventionelle Wärmekraftmaschinen arbeiten effektiver bei Volllast, im Teillastbetrieb ist ein stärkerer Leistungsabfall zu verzeichnen. Im Gegensatz dazu ist bei Brennstoffzellen die Zellaktivität bei unterschiedlichen Belastungen konstanter.

Eine Brennstoffzelle besteht aus einer Anode auf der Wasserstoffseite und einer Kathode auf der Sauerstoffseite. Dazwischen befindet sich ein Elektrolyt. Durch eingefräste Gaskanäle wird auf der Anodenseite Wasserstoffgas aus den Tanks auf dem Dach des Fahrzeugs sowie auf der Kathodenseite Luft eingeführt, wobei aus der Luft nur der Sauerstoff benötigt und der Stickstoff unbenutzt weitergeleitet wird. Durch die Zerlegung des Wasserstoffs durch den Katalysator in Protonen und Elektronen und die Aufnahme von Elektronen durch den Sauerstoff baut sich zwischen der Kathode und der Anode eine Spannung auf. Durch eine Verbindung beider Pole über einen Abnehmer kann elektrische Energie abgenommen werden. Der Wirkungsgrad dieser elektro-chemischen Umsetzung liegt mit 80 Prozent bei Teillast bzw. 60 Prozent bei Volllast in einem hohen Bereich.


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