Test & Technik: Optare Solo


Mit dem Optare Solo, von dem ein erster Vorführwagen im November und Dezember 2005 vom Kieler Busunternehmen Minicar getestet wurde, lässt sich nicht nur ein neuer Fahrzeugtyp, sondern auch ein bisher nicht vertretener Hersteller auf dem deutschen Markt begrüßen. Im Folgenden stellen Stefan Baguette und Tim Honschopp Ihnen diesen Neueinsteiger in Wort und Bild ausführlich vor.


Optare – Ein innovativer Hersteller

zum Vergrößern bitte klickenzum Vergrößern bitte klickenOptare, der Hersteller des Solo, entstand 1985 im nordenglischen Leeds mit der Übernahme der ehemaligen Produktionsstätte der Firma Roe, die ein Jahr zuvor im Rahmen von Umstrukturierungen innerhalb der British Leyland-Gruppe die Omnibusfertigung eingestellt hatte. Das Werk in Leeds, in dem sich noch heute der Großteil der Fertigung sowie die Verwaltung befinden, bildete damit den Grundstein für einen vergleichsweise kleinen, aber innovativen Hersteller, der sich zunächst auf den in der zweiten Hälfte der 80er Jahre deregulierten britischen Markt konzentrierte. Neben mehrere Minibusmodellen stellte man in den 90er Jahren Aufbauten auf hochflurigen Linienbusfahrgestellen her, zu denen neben Produkten von Dennis und DAF auch der Mercedes-Benz O405 sowie das 11.190-Fahrgestell von MAN zählten. Als Nachfolger enstanden ab 1995 zunächst der Excel, ein niederfluriger Linienbus in Leichtbauweise, sowie ab 1998 der Solo, der im Folgenden detailliert vorgestellt wird. Bei beiden Fahrzeugen handelt es sich – auf den britischen Inseln eher ungewöhnlich – um Komplettbusse in Integralbauweise, die als komplettes Produkt vollständig von Optare entwickelt wurden.

Mit Excel und Solo schaffte Optare es, sich auf dem britischen Markt als feste Größe zu etablieren und neue Kundenkreise zu erschließen. Das heutige Fertigungsprogramm umfasst neben dem Solo den seit Anfang 2005 produzierten Nachfolger des Excel, der unter dem Namen Tempo vermarktet wird, einen als Alero bezeichneten niederflurigen Minibus mit einer Einstiegshöhe von nur 19 Zentimetern sowie Doppelstockaufbauten auf Fahrgestellen des niederländischen Herstellers VDL, die unter der Bezeichnung Spectra vertrieben werden. Darüber hinaus ist Optare im Marktsegment der Kleinreisebusse sowohl mit eigenen Konstruktionen als auch als Importeur von Fahrzeugen des spanischen Herstellers Ferqui tätig.

Im Ausland war und ist man – nicht zuletzt dank einer langjährigen, aber inzwischen beendeten Zugehörigkeit zu North American Bus Industries (NABI) – bislang vor allem in Nordamerika vertreten, wo ein auf dem Solo basierender Midibus als 30-LFN vertrieben wird.

zum Vergrößern bitte klickenAuf der Busworld 2003 im belgischen Kortrijk präsentierte sich Optare erstmalig auf dem kontinentaleuropäischen Markt und zeigte dabei den ersten europäischen Solo für Rechtsverkehr. Zwei Jahre später und nach ersten Verkaufserfolgen in Dänemark war der Hersteller erneut auf der Busworld vertreten und präsentierte nun neben zwei Solo auch einen Tempo, jedoch noch in der Ausführung für den britischen Markt. Kurz zuvor hatte man zusätzlich zum bereits bestehenen Verkaufsbüro im dänischen Aabenraa ein weiteres im niederländischen Eindhoven eröffnet. Bei der europäischen Expansion hat Optare neben Dänemark vor allem die Benelux-Staaten ins Auge gefasst, der aktuelle Testeinsatz in Kiel zeigt jedoch, das die Produkte auch in Deutschland Beachtung finden.


Der Solo – Preisgekrönter Midibus

Der britische Markt wand sich vergleichsweise spät erst Ende der 90er Jahre niederflurigen Linienbussen zu. Da in vielen Einsatzgebieten aber Fahrgastzahlen sowie straßenbauliche Voraussetzungen nur Midibusse erlauben, entstand so ein erheblicher Bedarf für niederflurige Midibusse. Da gleichzeitig Linienbusse im Normalfall mit nur einer Tür beschafft werden, ist es üblicherweise nicht möglich, in Türnähe Stellflächen für Kinderwagen und Rollstühle anzuordnen.

Optare entwickelte daher mit dem Solo ein Produkt mit einem in diesem Marktsegment einmaligen Konzept: Durch die Anordnung der Vorderachse an der äußersten Fahrzeugfront konnte man den Einstieg hinter die Achse verlegen und damit erheblich an Platz im Fahrgastraum gewinnen. Dadurch ist es nicht nur möglich, türnahe Stellplätze für Kinderwagen und Rollstühle anzubieten, es entfallen ferner auch die platzintensiven Radkästen und die an dieser Stelle oft übliche Anordnung von Sitzen auf Podesten. Stattdessen bietet sich ein ebener Fahrzeugboden, der erst vor der Hinterachse mit zwei Stufen ansteigt.

zum Vergrößern bitte klickenDas Konzept des Solo fand im Vereinigten Königreich Anklang, so dass bis dato mehr als 2000 Fahrzeuge dieses Typs produziert werden konnten und der Solo in seinem Marktsegment dieses Jahr einen Anteil von über 50% erreichte. Weitere Anerkennung erhielt Optare im Form von Auszeichnungen für den Solo: Als einziger Bus überhaupt wurde dem Solo vom Design Council das Prädikat Millennium Product verliehen, während er im Jahre 2000 von der britischen Königin mit dem Queen’s Award for Innovation ausgezeichnet wurde.

Für den Einsatz im Rechtsverkehr auf europäischen Straßen wird der Solo als Linkslenker mit zwei Türen angeboten. Durch die Anordnung der Vorderachse ist es möglich, zwischen beiden Türen einen komplett ebenerdigen Fahrzeugboten anzubieten. Angeboten wird der Solo als Linkslenker derzeit nur in der 9,2 Meter langen und 2,5 Meter breiten Version mit der Bezeichnung M920L, der serienmäßige Antrieb erfolgt dabei durch einen Mercedes-Benz-Motor des Typs OM904LA mit wahlweise 122 oder 147 PS. Eine Cummins-Maschine ist optional erhältlich, die Kraftübertragung erfolgt in jedem Fall durch ein Allison-Automatikgetriebe.


Test in Kiel

Der Optare Solo wird auf der Kieler Linie 52 zwischen dem Kieler Hauptbahnhof und der Endstation Krummbogen eingesetzt, welche von Vineta Minicar im Auftrag der Kieler Verkehrsgesellschaft (KVG) derzeit einem Mercedes-Benz-Kleinbus vom Typ O815D mit Teamstar City-Aufbau von Ernst Auwärter bedient wird. Die Linie bedient zahlreiche Alten- und Pflegeheime und wird daher vor allem von älteren und auch gehbehinderten Personen genutzt, was einen Einsatz von behindertenfreundlichen Fahrzeugen erforderlich macht. Der bisher eingesetzte Kleinbus verfügt jedoch über Außenschwenktüren, so dass dieser an vielen Haltestellen nicht direkt an den Bordstein heran fahren konnte, was zu zahlreichen Beschwerden der Fahrgäste führte, die nebenbei auch Schaltgetriebe und den hochflurigen Einstieg beim Fahrer – nur die Heckplattform ist niederflurig – kritisierten. KVG und Minicar arbeiten seit geraumer Zeit an einer Lösung des Problems und der Kleinbus wurde schon mehrmals umgebaut und beispielsweise um eine ausklappbare Rampe ergänzt.

zum Vergrößern bitte klickenzum Vergrößern bitte klickenDer Optare Solo hingegen scheint eine Lösung für dieses Problem zu sein. Der Vorführwagen bietet zwei niederflurige Einstiege, eine ausklappbare Rampe an der ersten Tür und verfügt über wesentlich mehr Sitzplätze als der bisher eingesetzte Kleinbus. Positiv fällt auf, dass die erste Tür besonders breit ist und über besagte Rampe verfügt und dass mit Ausnahme des Bereichs direkt hinter dem Fahrer, wo sich drei quer zur Fahrtrichtung angeordnete Klappsitze befinden, durchgehend eine 2+2-Bestuhlung vorhanden ist. Der Bus verfügt dabei über 27 Sitzplätze – nur fünf weniger als beispielsweise ein fast drei Meter längerer Mercedes-Benz Citaro in durchschnittlicher Ausstattung. Ebenfalls positiv zu bemerken ist die große Laufruhe und der auf normaler Strecke recht leise Motor.

Zu kritisieren sind jedoch die recht schmale zweite Tür und die schlechte Konzeption des Kinderwagenplatzes. Dieser ist auf der linken Seite unmittelbar hinter dem Fahrer angeordnet und verfügt über die drei bereits erwähnten Klappsitze, die bei Nichtnutzung durch Kinderwagen oder Rollstühle die Sitzplatzzahl erhöhen können. Da es sich dabei um die der vorderen Tür am nächsten gelegenen Sitzplätze handelt, laden diese besonders zur Nutzung ein, versperren dann aber den Kinderwagenplatz, welcher ohnehin an einer für Deutschland ungewöhnlichen Stelle angeordnet und von der zweiten Tür aus schlecht erreichbar ist. Weiterhin ist zu bemerken, dass bei höheren Geschwindigkeiten und Steigungen die Motorlautstärke sehr stark zunimmt und starke Vibrationen den Bus zum Erzittern bringen.

Im Großen und Ganzen ist der Optare Solo allerdings nahezu ideal für diese Linie mit mittlerem Passagieraufkommen und einer hohen Anzahl von älteren Passagieren. Fahrgäste sowie Vineta Minicar zeigten sich positiv beeindruckt von diesem exotischen Fahrzeug, dass die Probleme der Fahrgäste der Linie 52 zu lösen scheint. Eine Beschaffung eines Optares scheint daher nicht ausgeschlossen.


Ausblick – Optare in Europa

zum Vergrößern bitte klickenzum Vergrößern bitte klickenNeben dem Solo möchte Optare ab kommendem Jahr auch den größeren Tempo auf dem kontinentaleuropäischen Markt anbieten. Derzeit existierten noch keine Fahrzeuge in der Ausführung als Linkslenker, in Großbritannien ist der Niederflurlinienbus hingegen bereits in vier Längen zwischen 10,6 und 12,6 Metern erhältlich. Den aktuellen Einkaufsgewohnheiten von Busbetrieben nach zu urteilen dürfte der Optare Tempo dank seiner leichten Bauweise – vergleichbar beispielsweise mit dem Ambassador 200 des niederländischen Herstellers VDL - allerdings eher in den Benelux-Staaten als in Deutschland Anklang finden. Weiterhin ist der Minibus Alero dafür ausgelegt, als Linkslenker produziert zu werden, ein solches Fahrzeug gibt es bisher jedoch noch nicht.

Es bleibt abzuwarten, ob die Produkte von Optare sich außerhalb von Großbritannien durchsetzen können. Der deutsche Markt mit seiner Präferenz für robuste 12 Meter lange Fahrzeuge und einer bisweilen ausgeprägten Skepsis gegenüber neuen Konzepten dürfte sowohl für den Solo als auch den Tempo ein schwieriges Umfeld darstellen. Es ist Optare jedoch zu wünschen, dass die innovativen Busse auch außerhalb des Vereinigten Königreichs Anklag finden.


Weitere Informationen zu Hersteller und Produkten finden Sie in englischer Sprache auf der Internetpräsenz der Firma Optare.


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