Test & Technik: Solaris Urbino 18 Hybrid

von Manuel Bosch / Pressemitteilung Solaris

Zur IAA Nutzfahrzeuge 2006 im vergangenen September in Hannover präsentierte der polnische Omnibushersteller Solaris Bus & Coach erstmals einen Linienbus mit Hybridantrieb. Der 18 Meter lange Gelenkbus Urbino 18 sorgt derzeit nach Firmenangaben für reges Interesse der Verkehrsunternehmen. Nachdem der erste Prototyp von der Dresdner Verkehrsbetriebe AG (DVB) übernommen wurde und nun einem Vergleichstest mit konventionell angetriebenen Urbino 18 unterzogen werden soll, erhält nun die Schweizer Eurobus-Gruppe in Windisch für ihr Unternehmen Regionalbus in Lenzburg ein zweites Exemplar des innovativen Fahrzeugs.

„Die Schweizer zeichnen sich durch ein hohes Umweltbewusstsein aus; außerdem werden in diesem Land ökologische Projekte dieser Art finanziell gefördert. Die Auslieferung des bestellten Hybridbusses haben wir für Ende April 2007 vorgesehen.“ – sagt Solange Olszewska, die Vizepräsidentin von Solaris Bus & Coach S.A.. „Wir hoffen, in naher Zukunft weitere Bestellungen entgegenzunehmen, dabei rechnen wir insbesondere mit den deutschen Kunden. Zurzeit führen wir diesbezüglich Gespräche mit Interessenten aus Bremen und Leipzig.“ Einen Monat nach der Weltpremiere in Hannover wurde der Hybridbus bei der Ausstellung "Transexpo" im polnischen Kielce präsentiert - dort gewann der Solaris Urbino 18 Hybrid die Kategorie „Das beste Ausstellungsprodukt”.

Die Hybridtechnik im Urbino 18
Das Potenzial alternativer Antriebsmöglichkeiten nutzend, hat Solaris seine Produktpalette um den Solaris Urbino mit Hybridantrieb ergänzt. Die innovative Antriebslösung führt zu einer wesentlichen Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs und zu verringerter Schadstoffemission. Der Solaris Urbino 18 mit Hybridantrieb basiert auf der klassischen Gerippekonstruktion aus nichtrostendem Stahl, die für die gesamte Niederflur-Stadtbusfamilie Urbino eingesetzt wird.

Der Dieselmotor Cummins ISLe4 mit 340 PS hat 8,9 Liter Hubraum und ein maximales Drehmoment von 1500 Nm bei einer Drehzahl von 1200 Umdrehungen pro Minute. Das zweite Antriebselement und sein Hauptbestandteil stellt das EP DRIVE-System der Firma Allison dar. Der Cummins-Motor und das System von Allison bilden gemeinsam den Hybridantrieb, der sich durch die Eigenschaften von Parallel- und Reihenschaltung zugleich auszeichnet. Dadurch lassen sich im realen Fahrbetrieb verschiedene Kombinationsmöglichkeiten der beiden Antriebe nutzen.

Der Hybridantrieb wurde im Vorderwagen, hinter dem Radkasten platziert und treibt die zweite (mittlere) Achse an. Dadurch können 53 + 1 Sitzplätze erreicht werden. Insgesamt kann der Solaris Urbino 18 mit Hybridantrieb sogar 161 Personen befördern. Optional kann diese Zahl den individuellen Kundenwünschen angepasst werden. Der Hybridantrieb wird durch die auf dem Dach des Fahrzeugs platzierten Batterien und einen Inverter ergänzt.

Der E-Antrieb
Der E-Antrieb ist das Zentralelement des Hybridantriebs, in welchem die Kombination der Drehmomente beider Motoren stattfindet (Blending). Er besteht aus zwei Elektromotoren, zwei Synchronkupplungen und drei Planetengetrieben. Optisch ähnelt das E-Modul dem traditionellen Schaltgetriebe und wiegt 417 kg.

Energiespeicher
Die während des Bremsvorganges gewonnene Energie wird in einer Spezialbatterie auf dem Busdach gespeichert. Somit werden die beim Hybridsystem eingesetzten Batterien bei jedem Bremsvorgang aufgeladen und sind nicht von äußeren Energiequellen abhängig. Die Nutzungsdauer der Nickel-Metall-Hydrid-Batterie (NiMH) mit einem Gewicht von 437 kg beträgt ca. sechs Jahre, in Abhängigkeit von der Art des Buseinsatzes.

Doppelumrichter-Modul (DPIM)
Das DPIM (Dual Power Inverter Module) ist ein wichtiger elektrischer Bestandteil des Allison-Systems. Es besteht aus zwei Umformer-Modulen AC/DC – DC/AC, die insgesamt 75 kg wiegen. Das DPIM wird mit Öl gekühlt. Die einfachste Beschreibung des Dual-Mode-Antriebs lautet: Einsatz der Elektromotoren zur Unterstützung des Standard-Dieselantriebs, der somit im Bereich optimalen Kraftstoffverbrauches betrieben werden kann. Durch eine gesonderte Steuereinheit, die die Arbeit beider Antriebssysteme koordiniert, sind diese optimal aufeinander abgestimmt.

Dieselmotor
Der Motor Cummins ISLe4 mit einem Hubraum von 8,9 Liter, 340 PS und einem maximalen Drehmoment von 1500 Nm bei 1200 Umdrehungen pro Minute ist für den Einsatz in Hybridantriebssystemen adaptiert und entspricht der Euro 4-Norm. Von der Standardversion unterscheidet sich diese Variante unter anderem durch ihre Elektronikprogrammierung, den eliminierten Starter und einen Adaptersatz.

Die Steuerungseinheit
Das System wird durch zwei auf Platinen montierte Steuerungselemente ergänzt. Die Einheiten des Typs 1000/2000 der Firma Allison wiegen lediglich 2,3 kg. Zu den Aufgaben der ersten Einheit gehören die Kontrolle und das Steuern des Hybridantriebs, die zweite koordiniert die Zusammenarbeit mit anderen Fahrzeugmodulen.

Getriebe
Der Hybridbus zwingt den Fahrer zu keinen radikalen Veränderungen hinsichtlich der Fahrgewohnheiten und Fahrzeugbedienung. Dank der Konstruktionslösungen wird das Fahren sogar einfacher. Die Steuerungstastatur auf dem Armaturenbrett ist analog zu den traditionellen Busausführungen. Zur Bedienung des Hybridantriebs wurde die so genannte DNR-Steuereinheit (Drive, Neutral, Reverse) verwendet. Im Hybridfahrzeug kommt die traditionelle Bremsanlage selten zum Einsatz - zum Abbremsen reicht das Loslassen des Gaspedals. Dabei wird die Bremsintensität durch die DNR-Steuereinheit eingestellt. Diese ermöglicht zusätzlich die Grunddiagnostik des Antriebssystems.

Bisherige Nutzungserfahrungen
Das Unternehmen Metro & Sound Transit aus King County in Seattle verfügt über den größten Fuhrpark von Hybridbussen mit dem Antriebssystem der Firma Allison - täglich sind dort 235 solcher Fahrzeuge im Einsatz. Die Firma Allison hat im März 2006 in Seattle eine Reihe von Tests durchgeführt, in denen die Parameter von Bussen mit traditionellem Antrieb mit denen analoger Hybridbusse verglichen wurden. Die Ergebnisse sprechen eindeutig für die hybride Antriebsvariante.

Die Testergebnisse gestalteten sich wie folgt:
- geringerer Kraftstoffverbrauch (um 20 bis 43 %)
- Reduktion der Schadstoffemission (um 10 bis 39 % bei den Stickoxiden)
- Reduktion der Feinpartikel in den Abgasen (um 51 bis 97 %).

Die Verkehrsunternehmen werden überwiegend durch das erste Argument, also die Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs der Hybridbusse, überzeugt. Solaris plant, analog zu den amerikanischen Tests eigene Untersuchungen der Hybridbusse im Vergleich zu den traditionellen Fahrzeugen durchzuführen. Es werden die ersten vergleichbaren Untersuchungen dieser Art in Europa sein.

Technische Daten des Solaris Urbino 18 Hybrid

Länge:	18.000 mm
Breite:	2.550 mm
Höhe:	3.225 mm
Motor:	Cummins ISLe4 340hp
Hybridantriebssystem:	GM Hybrid Allison E 50
Antriebseinheit:	Allison E 50
Energiespeicher:	NiMH-Batterie
Kraftelektronik:	Dual Power Inverter Module
Steuerelektronik:	HCM
Vorderachse:	ZF RL 75 EC (Einzelradaufhängung)
Antriebsachse:	ZF AV 132
Hinterachse:	ZF AVN 132
Aufhängung:	Luftfederung ECAS II mit Kneeling-Funktion
Kraftstofftank:	250 l
AdBlue-Tank:	40 l
Türanordnung:	VM-M

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