Das stadtbus.de-Thema


Unter der Rubrik "Das stadtbus.de-Thema" wird monatlich ein aktuelles Thema aus dem Omnibusbereich kommentiert. Zur weitergehenden Diskussionen der Leser zum jeweiligen Kommentar steht die stadtbus.de-Mailingliste zur Verfügung. Bitte beachten Sie, dass der Kommentar die Meinung des Verfassers widergibt, nicht jedoch die der stadtbus.de-Redaktion.


Die Qual der Wahl - welches Türenprinzip für den Stadtbus?

von Jens Gerwien

Mit Einführung der VÖV-I-Baureihe Ende der 60er Jahre kam die große Vereinheitlichung im Bereich der Türen im Stadtbus - die Innenschwenktüren erhielten Einzug und verdrängten nahezu ausnahmslos alle anderen Variationen der Türen, wobei es sich hierbei im Regelfall entweder um Falttüren handelte oder aber quasi als Vorstufe zu den heutigen Innenschwenktüren die bis zu 4 Türflügel schon über ein kompliziert anmutendes Gestänge zur Seite schwenkten und so die Türöffnung freigaben. Außenschwingtüren waren eigentlich nur bei Überland- und Reisebussen vorzufinden.

Wenn man mal von Exoten des Omnibusbaus absieht, so kamen die Variationen beim Türenprinzip im Laufe der Standard-II-Generation auf und wurden erst so richtig salonfähig mit dem Einzug der Niederflur-Baureihen. Busbeschaffungen in Städten wie z.B. München und Bremen waren fortan mit Außenschwingtüren versehen, was zu dieser Zeit noch echten Vorreiter-Status hatte. Da offenbar viele Betriebe diese Außenschwingtüren aufgrund des "Platzbedarfes" im Bereich der wartenden Fahrgäste vor der Tür ablehnten, entwickelte die Zulieferindustrie für den Omnibusbau eine zusätzliche Variante, die sich explosionsartig verbreitete (unter anderem auch in vielen Städten in den neuen Bundesländern mit den großvolumigen Neubeschaffungen Anfang der 90er Jahre). Die (Außen-)Schwenkschiebetür, im Volksmund auch gerne wegen des Ursprungs der Konstruktion "U-Bahn-Tür" genannt, kam ins Programm und wurde zum Verkaufsschlager.

Die Vorteile der Schwenkschiebetür lagen auf der Hand: in Niederflurfahrzeugen mit auf der Türseite angeordnetem Kinderwagen-/Rolliplatz wären die Türflügel einer Innenschwenktür immer im Weg. Außerdem hat die Schwenkschiebetür den Vorteil, dass sie sich zwar nach außen (den wartenden Fahrgästen entgegen) bewegt, aber dann an der Außenwand des Fahrzeuges entlang gleitet, wo sie kaum stören kann. Diese Vorteile machen sich auch bei vollem Fahrzeug bemerkbar, da der sonst benötigte Schwenkbereich der Türflügel auch noch für Stehplätze zur Verfügung steht.

Fällt es bei den Innenschwenktüren kaum auf, welcher Türenhersteller die Fahrzeuge ausgestattet hat, so haben die in Bussen verbauten Schwenkschiebetüren konstruktiv sehr unterschiedliche Prinzipien. Diese erwiesen (und erweisen) sich als unterschiedlich zuverlässig bzw. störanfällig im täglichen Betrieb, was sich dann bei Folgebestellungen oft auch auf die Wahl der dann verbauten Türen auswirkte. Auch blieben hierdurch die Hersteller nicht von Umstrukturierungen und Zusammenlegungen der Produktion verschont. Gab es 1995 noch die Grundsatzentscheidung zwischen Bode-Türen und Kiekert Automatiktüren als Lieferant, so kam später Webasto als Anbieter hinzu. Zuletzt wurde dann die gemeinsame Firma "Webasto-Kiekert Bustüren" gegründet - mittlerweile wird aber dort wohl die Produktion von Bustüren, also der Zweck eben dieser Firma, eingestellt, so daß als namhafter Anbieter nur Bode bleibt. Die BVG in Berlin testete mit der letztjährigen Neubeschaffung die Schwenkschiebetür eines neuen Herstellers in Teilen der Lieferung, die Ergebnisse aus dem Praxisbetrieb muss man abwarten.

Im Zuge des allgemeinen Sparzwangs und wahrscheinlich auch aufgrund der besseren Beherrschbarkeit der Technik ist in den letzten Jahren aber auch vermehrt ein Trend zurück zur Innenschwenktür zu verzeichnen. Eine "neue" Außenschwingtür mit vereinfachtem Verriegelungsprinzip für Stadtbusse tut ihr übriges dazu, die Schwenkschiebetür zurückzudrängen. Insgesamt gesehen ist die "Türenlandschaft" allerdings deutlich vielfältiger geworden - die ursprünglich mal einzige Wahlmöglichkeit "Druckluft oder E-Antrieb" ist mittlerweile nur noch am Rande interessant. Es bleibt abzuwarten, welche Trends sich in diesem Bereich in näherer Zukunft abzeichnen.


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