Das stadtbus.de-Thema


Unter der Rubrik "Das stadtbus.de-Thema" wird monatlich ein aktuelles Thema aus dem Omnibusbereich kommentiert. Zur weitergehenden Diskussionen der Leser zum jeweiligen Kommentar steht die stadtbus.de-Mailingliste zur Verfügung. Bitte beachten Sie, dass der Kommentar die Meinung des Verfassers widergibt, nicht jedoch die der stadtbus.de-Redaktion.


Lebensgefahr Reisebus - Die unbegründete Medienhysterie

von Stefan Baguette

Im vergangenen Monat gerieten Reisebusse nach zwei schweren Busunglücken verstärkt in den Fokus des öffentlichen Interesses. Nach dem Tod von insgesamt 61 Reisenden kam es in den Medien zu einer Diskussion über die Sicherheit von Busreisen und Reisebussen, während sich gleichzeitig Meldungen über weitere Unfälle häuften und für zusätzliche Verunsicherung sorgten.

So bedauerlich die Unglücke in Siófok am ungarischen Plattensee und nahe der französischen Stadt Lyon auch sind, letztendlich ist die Schuld dafür am ehesten in der Leichtsinnigkeit der sich in beiden Fällen unter den Toten befindenden Busfahrer, unterstützt durch unsachgemäße Anforderungen durch die Arbeitgeber, zu suchen. Während in Ungarn der Fahrer die Warnleuchten eines Bahnübergangs ignorierte, um den Anschluss an einen vorherfahrenden Bus nicht zu verlieren, war wenige Tage später auf der französischen Autobahn der Bus mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit auf regenasser Fahrbahn unterwegs. Besonders im ersten Fall griffen die Medien den tatsächlichen Unfallgrund jedoch erst sehr spät als Möglichkeit richtig auf und suchten die Schuld am grausamen Tod von 33 Menschen anfangs - beinahe verzweifelt anmutend - in der ungarischen Technik der Eisenbahnstrecke.

In den folgenden Tagen war außerdem wiederholt von weiteren Unfällen, die ohne fatale Personenschäden ausgingen, zu lesen. Keine Erwähnung fand, dass es sich hierbei um alltägliche Unfälle handelt, wie sie immer wieder passieren und gewöhnlich deshalb keine Beachtung finden, weil sie in fast allen Fällen glimpflich ausgehen. Sie gehören ebenso zum Alltag auf deutschen Straßen wie die täglichen Verkehrstoten nach PKW-Unfällen, die nie mehr als lokale Beachtung finden und von der Gesellschaft beinahe gleichgültig hingenommen werden.

Die im letzten Monat wiederholt gestellte Frage nach der Sicherheit von Bussen lässt sich daher leicht beantworten. Reisebusse gehören noch immer zu den sichersten Verkehrsmitteln - eine Urlaubsreise mit dem Bus ist weitaus sicherer als eine mit dem eigenen Auto. Es ist nicht abzustreiten, dass es unseriöse Busunternehmen gibt, deren Fahrzeuge nicht immer geltenden Sicherheitsstandards entsprechen und deren Pflege zu wünschen übrig lässt, ebenso, wie auch die Einhaltung der Lenkzeiten bei oft denselben Unternehmen bisweilen gefährlich wenig korrekte Beachtung findet. Es sind gerade diese „schwarzen Schafe”, denen die Medien besondere Aufmerksamkeit schenken - sicherlich nicht zu Unrecht, jedoch lässt sich nicht selten eine sachliche und korrekte Einschätzung der Gesamtsituation dort vermissen.

Sogenannte „Seelenverkäufer” sind allerdings die Ausnahme unter den Reisebussen - die allermeisten Fahrzeuge sind in einem guten Zustand und werden von qualifiziertem und erfahrenem Personal gefahren. Ein Reisebus muss sicherlich nicht, wie von einigen sogenannten Experten gefordert, zwingend unter vier Jahren alt sein, um eine sichere Fahrt bieten zu können - durch gute Pflege können gerade ältere, robustere Fahrzeugtypen auch viele Jahre später noch alle nötige Sicherheit und auch nicht zu unterschätzenden Komfort bieten.

Was in den letzten Wochen in den Medien zu erleben war, ist etwas, was auch die Luftfahrt und den Eisenbahnverkehr in den vergangenen Jahren traf - nach bedauernswerten, aber einzeln isoliert auftretenden Unglücken wurde nicht nur die gesamte Sicherheit eines Verkehrsmittels unnötig in Frage gestellt, gleichzeitig kam es zu einer Berichthysterie über vergleichsweise unbedeutende und alltägliche kleinere Unfälle und Unregelmäßigkeiten, die einer ganzen Branche nicht unerheblichen Schaden am Image und damit an den Kundenzahlen zufügten.

Im Kampf um Marktanteile gehört ein solches Aufbauschen jedoch leider zum täglichen Geschäft, anstatt sachlicher Hintergrundberichte konzentriert sich die Information auf reißerische Schlagzeilen. Ohne weitere schwere Unglücke, die es hoffentlich auch nicht geben wird, wird das Thema der Sicherheit von Reisebussen schnell an Attraktivität nicht nur für Fernsehsender und Boulevardzeitungen verlieren und aus den Schlagzeilen verschwinden. Der Schaden hingegen ist angerichtet und muss von den Busunternehmen in mühsamer Überzeugungsarbeit über längere Zeit beseitigt werden.


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