Das stadtbus.de-Thema


Unter der Rubrik "Das stadtbus.de-Thema" wird monatlich ein aktuelles Thema aus dem Omnibusbereich kommentiert. Zur weitergehenden Diskussionen der Leser zum jeweiligen Kommentar steht die stadtbus.de-Mailingliste zur Verfügung. Bitte beachten Sie, dass der Kommentar die Meinung des Verfassers widergibt, nicht jedoch die der stadtbus.de-Redaktion.


Für Schulkind und Oma - Zielgruppenorientierung im ÖPNV

von Manuel Bosch

Der Öffentliche Personen-Nahverkehr (ÖPNV) soll einem möglichst breiten Kundenkreis zur Verfügung stehen und kann idealerweise von Personen verschiedenster Alters- und Sozialgruppen genutzt werden. Die Ausrichtung der Verkehrsbetriebe vom reinen Beförderungsunternehmen hin zu Mobilitätsdienstleistern sorgt bisweilen für eine verstärkte Kundenorientierung, in der zielgruppenspezifischen Angeboten eine zunehmende Bedeutung beigemessen wird.

Schon lange bekannt sind die speziellen Schülermonatskarten, die - unter bestimmten Voraussetzungen vom Schulträger teilweise mitfinanziert - den Schülern zur Fahrt zwischen Wohnort und Schule angeboten werden. In den letzten Jahren hat es bei diesen Fahrkarten darüber hinausgehende Innovationen gegeben, um den Kindern und Jugendlichen bereits in einem frühen Alter die Nutzung des ÖPNV auch über Schulfahrten hinaus nahezulegen. Durch günstig angebotene Zusatzkarten wird beispielsweise die Nutzung auch in der Freizeit, an Wochenenden im gesamten Gebiet eines Verkehrsverbundes oder die Mitnahme einer weiteren Person zu bestimmten Zeiten ermöglicht. Einen beachtlichen Erfolg erzielte der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr im vergangenen Jahr mit der Einführung des "SchokoTickets" als Schülerfahrschein im Abonnement: Das Ticket gilt rund um die Uhr im gesamten Verbundraum, kostet regulär weniger als 20 Euro im Monat und wird unter bestimmten Voraussetzungen subventioniert. Den Schülern wird damit eine umfassende Mobilität geboten, was durch noch immer steigende Verkaufszahlen honoriert wird.

Durch diesen Erfolg motiviert, plant der gleiche Verkehrsverbund für die zweite Jahreshälfte 2003 die Einführung einer speziellen Monatskarte für Senioren. Darin soll unter anderem die Nutzung der 1. Klasse in den Regionalzügen enthalten sein, so dass den älteren Fahrgästen nicht nur ein attraktives Angebot geboten wird, sondern auch die 1. Klasse besser ausgelastet und gerade im Berufsverkehr die 2. Klasse entlastet werden kann.

Für die Pendler zwischen Wohnort und Arbeitsplatz sind meist Monatskarten - auch als Abonnement angeboten - die günstigste Lösung. Darüber hinaus werden vielfach auch sog. FirmenTickets angeboten - der Verkehrsverbund oder das Verkehrsunternehmen schließen dabei mit Unternehmen und Behörden einen Vertrag über eine größere Anzahl an Monatsfahrkarten ab, die dann den Arbeitnehmern zu einem günstigeren Preis angeboten werden können. Abgerundet werden die zielgruppenspezifischen Angebote durch Fahrscheine für Studenten und Auszubildende; ein Blick auf die Fahrscheinübersichten vieler Verbünde und Verkehrsunternehmen zeigt eine Vielzahl verschiedener, speziell zugeschnittener Fahrscheine.

Doch die Zielgruppenorientierung beschränkt sich heutzutage nicht mehr auf den Bereich des Fahrscheinangebotes. In den letzten Jahren wurde auf Initiativen aus Verkehrsbetrieben, Eltern- und Lehrerkreisen in vielen Städten die "Busschule" eingeführt. Bereits im Kindergarten- oder Grundschulalter wird mit Kindern die sichere Nutzung von Omnibussen anhand praktischer Übungen gelernt. Eine kindgerechte Ausführung der Unterrichtsmaterialien und des Gesamtkonzeptes sichern den Lernerfolg. Die Aktion "Busbegleiter" einiger Verkehrsunternehmen richtet sich an Jugendliche: Diese werden in einer umfassenden Ausbildung auf ihre Aufgabe vorbereitet, in Schulbussen oder Schülerfahrten des Linienverkehrs ihre Mitschüler auf das richtige Verhalten in Bus und Bahn hinzuweisen und im Zweifelsfall Streit zu schlichten.

Eine wünschenswerte Ausweitung der "Busschule" wäre ein vergleichbares Angebot für Senioren: Wie bei den Schulkindern könnten älteren Fahrgästen an Aktionstagen korrekte Verhaltensweisen - nach dem Einstieg unmittelbar einen Sitzplatz zu belegen, nicht vor dem Halt des Fahrzeugs aufzustehen und Ähnliches - und deren Sinn erläutert und technische Besonderheiten wie Automatiktüren erklärt werden.

Alle diese zielgruppenorientierten Angebote sollen nicht nur das Angebot des ÖPNV für möglichst viele Kunden attraktiv machen, sondern bewirken auch einen besseren Verkehrsablauf und somit eine höhere Qualität des ÖPNV-Angebotes insgesamt. Der finanzielle Aufwand für Busschulen, Busbegleiter-Ausbildungen und Marketingaktionen macht sich für die Verkehrsunternehmen letztlich bezahlt - wie die jüngsten Erfolge von Zielgruppenorientierung im ÖPNV gezeigt haben.


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